VULKANE WELTWEIT
© Erich Arndt
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Vulkane weltweit
CHIMBORAZO
6.268 m
Geografie:
D
er
inaktive
Vulkan
Chimborazo
ist
mit
6.268 m
Höhe
(alte
Messung:
6.310
m)
über
dem
Meeresspiegel
der
höchste
Berg
in
Ecuador.
Er
liegt
in
der
Westkordillere
der
Anden.
Sein
Durchmesser
beträgt
an
der
Basis
etwa
20 km.
Der
Berg
liegt
innerhalb
des
Naturreservates
„Reserva
de
Produccion
Faunistica
Chimborazo“
,
das
dazu
dient,
den
Lebensraum
für
die
dort
heimischen kameliden Vikunja, Lama und Alpaca zu schützen.
Unsere Aufstiegsroute:
Die
Besteigung
des
Gipfels
erfolgt
von
der
Berghütte
Refugio
Hermanos
Carrel (4.800 m) über die Ruta arista de la Castéllo (grüne Aufstiegsroute).
Unsere Abstiegsroute:
Der Abstieg erfolgt über die Aufstiegsroute.
Anstrengung:
Die Tourlänge (Auf- und Abstieg) liegt etwa zwischen 12-14 Std.
Ausrüstung:
Vollständige Hochgebirgsausrüstung und warme Kleidung erforderlich.
Gefahren:
Wetterumstürze; Wegefindung bei Nebel; Höhenanpassung erforderlich.
Bemerkungen:
Der
Gipfel
des
Chimborazo
ist
wegen
seiner
Nähe
zum
Äquator
der
Punkt
der
Erdoberfläche,
der
am
weitesten
vom
Erdmittelpunkt
entfernt
ist.
Dass
er
hierin
den
wesentlich
höheren
Mount
Everest
übertrifft,
liegt
daran,
dass
die
Erde
aufgrund
der
Rotation
und
der
sich
daraus
ergebenden
Fliehkraft
keine
Kugel
ist,
sondern
ein
Rotationsellipsoid,
dessen
Radius
an
den
Polen
kleiner
und
am
Äquator
größer
ist.
Nimmt
man
den
Erdmittelpunkt
als
Bezugspunkt,
so übertrifft der Chimborazo den Mount Everest um über 2.000 Meter.
Letzte Aktualisierung: 30.10.2020
Im Reisetagebuch geblättert
(Freitag / Sonnabend, 06.09. / 07.09.2019)
Auf Humboldts Spuren in Ecuador
Der
Tag
ist
gekommen,
der
Aufstieg
auf
Ecuadors
höchsten
Berg
steht
unmittelbar
bevor.
Doch
der
Reihe
nach:
Der
Freitagmorgen
beginnt
im
Gästehaus
in
Baños
mit
einem
ordentlichen
Frühstück
und
einem
Geburtstag.
Ein
Mitglied
unserer
Gruppe
ist
40
Jahre
alt
geworden
und
wird
mit
einer
Torte
überrascht.
Gegen
11:00
Uhr
startet
die
Fahrt
zum
Refugio
Hermanos
Carrel.
Die
110
km
lange
Strecke
führt
über
die
Straße
Panamericana.
Im
Ort
Riobamba
legen
wir
zur
Mittagsstunde
einen
Versorgungsstopp
ein.
Im
italienischen
Restaurant
bestelle
ich
Spaghetti,
da
gibt
es
keine
Überraschungen.
Gegen
14:00
Uhr
geht
es
weiter.
Inzwischen
sind
auch
die
Bergführer
mit
an
Bord,
denn
sie
stammen
alle
aus
der
Gegend.
Der
letzte
Abschnitt
der
Fahrt
führt
über
eine
Ruckelpiste.
Der
Chimborazo
kommt
in
Sicht.
Stolz
thront
er
über
der
kargen
Ebene.
Wilde
Vikunjas
sind
vor
der
Bergkulisse
zu
sehen,
so
als
hätten
sich
die
Tiere
dort
eigens
für
einen
Landschaftsmaler
postiert.
Sie
fotografisch
einzufangen
ist
während
der
Ruckelfahrt
nur
bedingt
möglich.
Die
holprige
Auffahrt
führt
zu
einem
Parkplatz
hinauf,
der
unmittelbar
an
der
Berghütte
liegt.
In
den
Alpen
hätten
wir
auf
dieser
Höhe
auf
dem
Montblanc
geparkt.
Das
Wetter
ist
perfekt:
fast
wolkenloser
Himmel,
wenig
Wind.
Die
Aussicht
auf
die
„
Straße
der
Vulkane
“,
wie
Alexander
von
Humboldt
sie
nannte,
ist
genial.
Das
Gelände
um
die
Hütte
herum
ist
voller
Geröll
und
Steine
in
allen
möglichen
Größen,
Farben
und
Formen.
Oberhalb
der
Carrel-Hütte
steht
ein
pyramidenförmiges
Denkmal,
neben
ihm
sind
Grabsteine
zu
sehen,
die
an
Menschen
erinnern,
die
auf
dem
Weg
zum
oder
vom
Gipfel
umgekommen
sind.
Sie
haben
den
Kampf
gegen
die
Höhe
oder gegen Schnee-, Eis- oder Steinlawinen verloren.
Der
Weg
zum
Refugio
Whymper,
der
Berghütte,
die
oberhalb
der
Carrel-Hütte
liegt,
ist
gesperrt.
Sicherlich
wird
man
die
Hütte
bald
aufgeben,
denn
der
Steinschlag
ist
dort
oben
durch
den
Gletscherrückgang
enorm
angewachsen.
Die
sich
vor
mir
erhebenden
Dimensionen
des
Chimborazo
verlangen
Respekt
und
Demut. Da will ich hinauf?
Im
Bettenlager
der
Hütte
rolle
ich
den
Schlafsack
aus
und
entspanne.
Der
weitere
Nachmittag
nimmt
seinen
Lauf:
Der
Expeditionsleiter
gibt
eine
Einweisung
zur
nächtlichen
Tour
über
die
Ruta
arista
de
la
Castéllo
.
Der
Aufstieg
wird
etwa
9-10
Stunden
dauern,
die
einfache
Strecke ist 5,5 km lang. Die Temperaturen am Gipfel betragen etwa
-10°C. 1.400 Höhenmeter sind zu bewältigen.
Gegen
17:30
Uhr
gibt
es
ein
Abendessen,
danach
wird
bis
21:00
Uhr
im
Schlafsack
geruht.
An
Schlaf
ist
nicht
zu
denken,
denn
die
Gedanken sind schon auf Wanderschaft und kreisen um den Berg.
Die
drei
Ruhestunden
enden
wie
angekündigt.
In
der
Hütte
ist
Bewegung.
Ein
Mitstreiter
unserer
Gruppe
meldet
sich
ab.
Sein
Gesundheitszustand
lässt
keinen
Aufstieg
zu.
Die
Vorbereitungsstunde
vergeht
im
Eiltempo.
Appetit
habe
ich
nicht,
eine halbe Tasse Tee muss jedoch getrunken werden.
Um
22:00
Uhr
geht
es
in
voller
Montur
vor
die
Hütte.
Über
uns
breitet
sich
ein
sternklarer
Himmel
aus.
Die
ersten
zwei
Stunden
stapft
die
Gruppe
gemeinsam
mit
den
Bergführern
im
Schein
der
Stirnlampen
über
einen
Moränenhügel
in
kleinen
Serpentinen
und
felsigen Absätzen dem „
El Castillo
“ (
dem Schloss
) entgegen.
Der
Freitag
geht
in
den
Sonnabend
über.
Auf
5.200
m
Höhe
wird
eine
Rast
eingelegt.
Ein
Platz,
den
unser
Expeditionsleiter
gut
kennt,
den
ab
hier
geht
es
mit
Steigeisen
unter
den
Sohlen
und
dem
Eispickel
in
der
Hand
weiter.
Zunächst
traversieren
wir
an
der
Felsbastion
des
„
El
Castillo
“
entlang.
Der
Pfad
ist
steil,
rechts
schwarze
Leere,
links
die
Wand.
Geröll,
Eis,
Schnee
und
Sand
sind
gefroren.
Die
erreichte
Höhe
beträgt
etwa
5.600
m.
Ein
kleiner
Sattel
ist
erreicht.
In
etwa
20
km
Entfernung
sind
die
Lichter
von
Riobamba
und
am
Himmel
ist
ein
unglaublicher
Sternenhimmel
zu
sehen.
Weit
oben
blinken
die
Stirnlampen
der
Vorgänger.
Ich
fühle
mich
ausgepowert
und
habe
plötzlich
nicht
mehr
den
Willen
weiterzugehen.
Ich
verständige
mich
mit
meinem
Bergführer.
Es
wird
die
Entscheidung
getroffen,
dass
ich
nach
einer
Erholungspause
absteige.
Ohne
weitere
große
Pausen
geht
es
nun
für
mich
in
Begleitung
des
Expeditionsleiters
hinab.
Im
vereisten,
abschüssigen
Gelände
ist
volle
Konzentration
erforderlich,
denn
stürzen
sollte
man
hier
nicht.
Um
5:30
Uhr
ist
die
Hütte
und
der
wärmende
Schlafsack
erreicht.
Ich
denke
an
die
Kameraden,
die
noch
unterwegs zum Gipfel sind…
Dem
Naturforscher
Humboldt
bluten
am
23.
Juni
1802
die
Hände,
als
er
sich
die
Hänge
des
Chimborazo
hinaufkämpft.
Das
scharfe
Vulkangestein schlitzt ihm bei jedem Fehltritt die Haut auf.
„Unsere Begleiter waren vor Kälte erstarrt und ließen uns im Stich“,
wird Humboldt später in seinem Tagebuch notieren.
„
Sie
versicherten,
sie
würden
vor
Atemnot
sterben,
obwohl
sie
uns
wenige
Stunden
zuvor
voller
Mitleid
betrachtet
und
behauptet
hatten,
dass die Weißen es nicht einmal bis zur Schneegrenze schaffen
.“
Das
war
eine
Fehleinschätzung,
denn
der
Naturforscher
steigt
so
hoch
wie
kein
Mensch
zuvor.
Am
Ende
sind
alle
Mühen
vergebens.
Eine
gewaltige
Gletscherspalte
versperrt
ihm
den
Weg
und
zwingt
zur
Umkehr. Er kommt bis auf etwa 5.600 Meter.
Der
Aufstieg
auf
den
Chimborazo
ist
heute
keine
Pionierleistung
mehr,
aber
immer
noch
ein
gewagtes
Unterfangen.
Kein
Scheinabenteuer
mit
Erfolgsgarantie.
Ich
habe
meine
Erfahrung
mit
der
Höhe
und
den
Gegebenheiten
an
diesem
Berg
gemacht:
steiles,
vereistes
Gelände
und
stundenlanger
Aufstieg
in
eiskalter
Nacht
enden
unterhalb
des
Gletschers
und
zwingen
mich,
wie
später
zwei
Bergsteiger
unseres
Teams,
zur
Umkehr.
Die
Übrigen
der
Gruppe
erreichten
nach
acht
Aufstiegsstunden den Vorgipfel Veintimilla (6.241 m).
Auf
dem
Gipfel
angekommen
zu
sein
bedeutet,
es
geschafft
zu
haben,
nicht
mehr.
Das
Ziel
ist
damit
verschwunden.
Mit
dem
Scheitern
aber
bleibt
das
Ziel.
Die
Verzweiflung
darf
folgen
als
das
Begreifen
des
Scheiterns,
als
das
Fassen
der
eigenen
Grenzen.
Die
Begeisterung
auf
hohe
Berge
zu
steigen
ist
mir
jedoch
nicht
abhandengekommen,
denn
wenn
es
so
wäre,
würde
von
der
Leidenschaft
nur
das
Leiden
übrig
bleiben.
Die
Eiswelt
auf
Humboldts
Schicksalsberg
ist
menschenfeindlich,
das
erfuhren
alle
Bergsteiger,
die
es
versucht
haben
den
Gipfel
zu
erreichen.
Um
10:00
Uhr
kehrt
der
Jüngste
der
Gruppe
zur
Hütte
zurück.
Wir
frühstücken
gemeinsam
und
treten
dann
den
Rückweg
per
Bus
nach
Baños
an.
Gegen
13:30
Uhr
ist
das
Gästehaus
erreicht.
Nachdem
die
Bergutensilien
abgelegt
sind,
fahren
wir
mit
dem
Bus
ins
Thermalbad
des
Ortes
und
genießen
das
warme
Heilwasser,
dass
der
Vulkan
ganz
kostenlos
dem
Badeort
beschert.